ThSteier
Anzündhilfe
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Hallo, kann man den cw-Wert eines Körpers eigentlich auch berechnen, oder nur experimentell bestimmen? Irgendwie finde ich nirgends Informationen dazu (außer, daß eine Scheibe einen cw-Wert von 1,1 und Kugel einen cw-Wert von rund 0,3 aufweist). Der Verweis auf die sog. Reynoldsche Zahl hilft mir da auch nicht so recht weiter, zumal es gewöhnlich bei diesem Begriff ohne weitere Erklärungen bleibt... Barrowman schweigt sich dazu auch aus. Andererseits kann ich mir nicht vorstellen, daß man den Wert wirklich nur empirisch ermitteln kann - schließlich gibts's doch Formeln für alle (un-)möglichen Gelegenheiten  Viele Grüße, Thomas
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Andi Wirth
Überflieger

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Salü Thomas
Du hast Recht: der cw-Wert kann tatsächlich einigermassen zuverlässig berechnet werden, der Aufwand dafür ist allerdings recht hoch.
Zur Re-Zahl gibt es eine einfache Erklärung. Sie ist eine Ähnlichkeitsangabe, das heisst, dass ca-, cw- und cm-Werte, die bei gleicher Re-Zahl ermittelt wurden, vergleichbar sind. In die Re-Zahl fliessen Grösse eines Körpers, Strömungsgeschwindigkeit und kynematische Zähigkeit des Mediums mit ein. Sie gibt z.B. Ingenieuren im Windkanal die Möglichkeit, verkleinerte Modelle zu nehmen und mit höherer Geschwindigkeit zu messen - wenn sie damit auf die gleiche Re-Zahl kommen, erhalten sie vergleichbare Werte. Oder Modelle bei geringer Geschwindigkeit im Wasser zu vermessen (geht nur im Unterschallbereich, so lange die Kompressibilität der Luft noch keine Rolle spielt).
Modellflieger kämpfen in anderen Bereichen mit den Re-Zahlen. Sie haben einerseits kleinere Profile als die Vorbilder und zudem niedrigere Geschwindigkeiten. Wenn z.B. ein manntragender Segler auf Re-Zahlen um 2•10^6 kommen (also 2 Mio), schafft es ein 1:4-Modell entsprechend auf etwa 150'000. Folge: schlechterer Wirkungsgrad des Flügels, höhere Empfindlichkeit auf Ablösungen und damit schlechtere Berechenbarkeit und Abrissgefährdung, kaum Einsatz echter Laminarprofile möglich usw.
Bei den Geschwindigkeiten, unter denen unsere Raketen fliegen, kombiniert mit den extrem dünnen Profilen, die wir verwenden, ist die Re-Zahl kaum je Thema der Diskussion.
Gruss
Andi
Lebenserfahrung ist die Summe der Fehler, die zu machen sich kein anderer gefunden hat. (Jules Romains)
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Oliver Arend
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Ich fürchte der cw-Wert kann nur numerisch über CFD "berechnet" werden.
RockSim behauptet, cw-Werte berechnen zu können, warum und wie das vor sich geht weiß ich jedoch nicht.
Oliver
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Neil
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Hi,
ich denke man kann zwischen Werte aus Tabellen ableiten. Was viel schlimmer und nicht zu berechnen ist aus der Form ist die Qualität der Oberfläche und der Einfluß der Stabilisierungsbewegung der Rakete beim Flug.
Gruß
Neil
Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu.
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ThSteier
Anzündhilfe
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Hallo, und vielen Dank für die Infos erstmal. Irgendwie hatte ich schon etwas in der Richtung (sprich, "ohne Dr. math. zu sein und einen CRAY im Keller zu haben: no chance"...  ) befürchtet. Wobei es mir weniger um konkrete Projekte geht - ich hatte einfach gehofft, man könne die Auswirkungen von Form- und Maßänderungen (z.B. ovigale statt konische Spitze, Flossen mit Profilschliff statt solcher mit Rundkante) schon im Vorfeld ermitteln, anstelle sich dann in der Praxis überraschen zu lassen. Zum Beispiel wäre es interessant, ob ein 100%ig stromlinienförmiger Aufbau (also Rumpf und Flossen) wirklich soviel Vorteile bietet, um den Mehraufwand beim Bau und eventuelle (mechanische) Stabilitätsprobleme zu überwiegen. Mal ein Beispiel: Ich nehme mal für eine Rakete in herkömmlicher Bauweise einen cw-Wert von 0,75 an und komme damit auf eine Steighöhe von 300m. Gelänge es, den cw-Wert auf 0,60 zu reduzieren, würde sich die Flughöhe auf 340m steigern. Und für ebendiese Reduzierung hatte ich gehofft, das "was wirkt sich wie aus" berechnen zu können. Bleiben wir also bei "Trial-and-Error" Viele Grüße, Thomas
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Neil
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Hi,
du kannst für Raketen weit bessere CW-Werte annehmen. Vom Prinzip her reicht erstmal der Cw-Wert der Spitze. Kegel gibt es in Tabellen zu finden. Du kannst auch einen Stromlinienförmigen Körper annehmen. Mit diesem CW-Wert der Querschnittsfläche der Rakete und der Geschiwndigkeit kannst du die Bremskraft errechnen. Da aber die Geschwindigkeit von dem CW-Wert abhängt, hat man hier ein kleines Problem. Du mußt das ganze Schrittweise in sagen wir 1/10s Schritten rechnen.
Gruß
Neil
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Winfried
Epoxy-Meister
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wenn man vom Treibsatz die Kennlinie hat und mit diesem Teil ein Modell mit Höhenmesser fliegen läßt, kann man die Simulation mit den Höhenmeßwerten füttern. Somit läßt sich ohne Windkanal der cw bestimmen. Die Praxis hat gezeigt, daß der cw durchaus unter 0,2 liegen kann (bei ca. 200m/s steigt er dann auf 0,6). Peter hat darin schon Übung (und die entsprechende Software).
Winfried
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Oliver Arend
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Das ja, aber der Fehler der da drinsteckt ist IMHO ziemlich groß.
Kann man eigentlich nur machen wenn man nen BC125 (geringe Varianz) und nen genau senkrechten Flug hat.
Oliver
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Peter
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Moderator

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Zitat: Original geschrieben von Oliver Arend Das ja, aber der Fehler der da drinsteckt ist IMHO ziemlich groß.
Kann man eigentlich nur machen wenn man nen BC125 (geringe Varianz) und nen genau senkrechten Flug hat.
Einspruch, Euer Ehren! Zum Beispiel bin ich überzeugt, daß der Meßfehler bei einem selbstgebauten Windkanal sehr viel höher liegen würde. Ferner bin ich überzeugt, daß selbst eine gewisse Winkelabweichung von der Senkrechten sich nur wenig bei der Flughöhe niederschlägt. Drittens haben wir ja den BC-125 und mit dem SALT einen sehr guten Höhenmesser. Übrigens: Winfried baut gerade an der nächsten Generation unseres Prüfstandes. Aber auch schon bisher konnten wir den Motor ausgezeichnet vermessen. Doch, mit all diesen Voraussetzungen können wir den cw-Wert eines Raketenflugmodells recht genau bestimmen, behaupte ich. Und natürlich kann am Ende eines solchen Beitrags nur der Vorschlag für ein typisches Experimentalraketenprojekt stehen: prüfen wir das ganze doch experimentell nach! Wer bietet einen professionellen Windkanal, mit dem wir den cw-Wert einer Rakete ziemlich genau bestimmen können? Dieses Modell starten wird danach mit BC-125 und SALT und sehen, was herauskommt.
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Andi Wirth
Überflieger

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Zitat: Original geschrieben von Peter Quartier Einspruch, Euer Ehren! Zum Beispiel bin ich überzeugt, daß der Meßfehler bei einem selbstgebauten Windkanal sehr viel höher liegen würde.
Kein Widerspruch zu Olis Aussage! Will heissen: bei einer Rechnung aufgrund von Flugdaten ist der Fehler wahrscheinlich hoch, bei einem selbst gebauten Windkanal wohl riesig! Aber ich gebe dir Recht - besser die Grössenordnung gemessen als gar kein Anhaltspunkt. Und der Ansatz für die Experimentalrakete ist mit Sicherheit da. Na, dann los! (Oli, wie sieht deine Liste gerade aus?) Gruss Andi
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