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Oliver Arend

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Oliver Arend

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Beitrag 2738 [Alter Beitrag22. Dezember 2000 um 21:33]

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Dieser Artikel entstammt den Mitteilungen 4/2000 der DGLR. Er wurde von Rachid Amekrane, Mitarbeiter bei Astrium, verfasst.
Links zu Seiten über diese Rakete habe ich leider noch nicht gefunden.
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Am 15. August wurde die bisher schubstärkste, flugfähige Heißwasserrakete NEPTUN auf dem NATO Truppenübungsgelände Bergen/Belsen gestartet. Der Raketenmotor mit einem Schub von über 20 kN wurde vom Autor konstruiert und der Hochschule Bremen vermacht. Studenten der Hochschule Bremen vervollständigten die Rakete bis zur Flugreife.
Früh am Morgen des 14. August trafen die Studenten am Truppenübungsplatz ein, bauten die Rampe auf und richteten den vorhandenen Bunker zur Startleitzentrale ein. Ein kleines Problem an der Startrampe hatten die Studenten sehr schnell in den Griff bekommen, so daß Vorbereitungsarbeiten an der Rakete selbst vorgenommen wurden. Betanken, Schaltkreise prüfen, Batterie Ladezustand prüfen, Nutzlast integrieren. Bergungsfallschirrm einsetzen, Bordcomputer initiieren und auf Funktion überprüfen, erinnerten an Aktivitäten, wie sie bei Großraketen üblich sind. Nach dem die Rakete nur noch aufgeheizt werden mußte, wurde der Startplatz bis auf die Startmannschaft evakuiert. Die Startmannschaft suchte Schutz im Bunker, kontrollierte den Aufheizvorgang der Heißwasserrakete und zählte den Countdown nach dem die Bundeswehr die Freigabe zum Start erteilte.

Als der Startknopf freigegeben und gedrückt wurde, blieb es totenstill. Nach kurzer Besprechung wurde der Countdown wieder aufgenommen und dieses mal sollte die pneumatische Auslösung durch eine Reißleine erfolgen. Doch auch beim erneuten Versuch blieb das Triebwerk stumm. Die Entriegelung des Startmechanismus war erfolgt, doch die Niederhalter wollten sich nicht lösen. Dieser Störfall war in den vorher erörterten Fehlermöglichkeiten nicht berücksichtigt worden, so daß auch keine Vorrichtungen eingeplant waren, die die Rakete "entladen" konnten. So blieb eine "scharfe" Rakete entsichert auf der Rampe. Die Studenten verhielten sich vorbildlich und erarbeiteten eine Ersatzprozedur, die es zumindest erlaubte das Startgelände sicher zu räumen. Nach dem die Rakete soweit heruntergekühlt war, daß sie nicht mehr abheben konnte packten die Studenten ein und ließen die Rakete am Startplatz zurück. Noch in der selben Nacht wurden Fehlerursachen diskutiert und Aufgaben verteilt, um am nächsten Morgen den Fehler zu beheben und einen erneuten Startversuch zu wagen. Am Morgen des 15. August wurde der Fehler am Startmechanismus entdeckt. Ein verklemmter Ring verhindert das Lösen des Niederhalters.
Die Studenten stimmten sich kurz ab, ob die vorgeschlagenen Lösungsansätze eventuell andere Probleme verursachen würden. Der verklemmte Ring wurde konstruktiv geändert zusätzlich wurde ein Ablaßventil eingebaut, um im Falle eines erneuten Fehlstartes zumindest die Raketen "entladen" zu können.
Nach dem die Reparaturmaßnahmen abgeschlossen waren und die Batterien wieder aufgeladen wurden konnte erneut der Countdown aufgenommen werden. Diesmal lösten sich die Niederhalter und der Raketenmotor konnte seine ganze Kraft entwickeln.
Mit einem atemberaubenden Getöse wurden annähernd 136 kg gegen Himmel katapultiert. Die NEPTUN stieg nominal auf. Als das Startteam keinen Auswurf des Fallschirms vernommen hatte, lösten sie das Notsystem aus, doch Sekunden später bohrte sich NEPTUN keine 30 m vom Bunker entfernt mit Nachdruck in den Boden der niedersächsischen Heide.

Das Staunen war groß: das Triebwerk hatte den Absturz überlebt, selbst der Flugdatenschreiber konnte geborgen und ausgelesen werden. Entsprechend der Auswertung des Flugschreibers traten kurzzeitig 53 g auf, die wahrscheinlich die Funktion der Struktur und Elektronik behinderten. Mit Hilfe der Daten konnte auch der mittlere Schub von 23 kN ermittelt werden.
Bis auf die Bergung war der Start ein voller Erfolg und die Studenten konnten in den zwei Tagen sehr viel über den Unterschied zwischen Praxis und Theorie lernen. Die Studenten waren trotz des Absturz so stark motiviert, daß sie beschlossen, für nächstes Jahr eine neue Rakete zu bauen. Vielleicht kann die DGLR in Kürze eine neue Studentengruppe aus Bremen willkommen heißen.
<div align="right">Rachid Amekrane</div>
Johannes (Axe) Haux

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Johannes (Axe) Haux

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Beitrag 2739 [Alter Beitrag28. Dezember 2000 um 09:41]

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Zitat:
Original erstellt von Oliver Arend:
Als das Startteam keinen Auswurf des Fallschirms vernommen hatte, lösten sie das Notsystem aus, doch Sekunden später bohrte sich NEPTUN keine 30 m vom Bunker entfernt mit Nachdruck in den Boden der niedersächsischen Heide.



Hi,
gibt es Ueberhaupt einen erfolgreichen Heisswasserflug ??
Ich kann mich noch sehr gut an Laucha erinnern. Das Geraeusch, das eine solche Rakete beim Absturz verursacht ist wohl nur mit Bomben vergleichbar.
Gruss Johannes

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Beitrag 2740 [Alter Beitrag28. Dezember 2000 um 11:34]

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Ich denke die ERIG hat mal erfolgreich die HWR-20 geflogen, oder nicht?
Ansonsten wär das ja mal ne Aufgabe...
Oliver
Tom

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Beitrag 2741 [Alter Beitrag28. Dezember 2000 um 12:35]

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Was ich an der Sache nicht so ganz verstehe:
Ich hörte bisher auch immer nur daß die "Boiler-Werfer" immer als Shred zu Boden kamen...
Vielleicht sollten die Studenten (die sicher theoretisch super drauf sind) sich mal mit uns Praktikern unterhalten. So könnten wir vor allem von der Theorie viel lernen und die Studenten vielleicht etwas von unserer Erfahrung (auch wenn wir keine HW Raketen fliegen) mitnehmen.
Eine gelungene Symbiose (ich hoffe ich habs richtig geschireiben ) wäre dies allemal.
Oliver Arend

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Beitrag 2742 [Alter Beitrag28. Dezember 2000 um 17:31]

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Tom, keine Angst, in Bezug auf Rächtschraipung hast Du unserem Spezialisten Alex einiges vorraus.
Ich weiß nicht woran es liegt, aber htpsl. benutzen die Heißwasserraketeure auch mehr oder minder einfache Elektroniken, genauso wie wir, von daher dürfte es nicht so schwer sein.
Im Artikel steht auch, dass die kurzzeitigen 53 g der Elektronik nicht besonders gut getan haben. Um dies zu umgehen könnte man die Elektronik an eine Feder hängen und vom Rahmen der Rakete beleuchten lassen.
1.) gibt es dann keine zu hohen Beschleunigungen und
2.) sobald man die Beleuchtung durch ein Loch nicht mehr sehen kann (d.h. die Elektronik keinen Lichteinfall registriert), hat man den Start detektiert
Allerdings verstehe ich nicht wie so ein gigantisches Ding (Startgewicht 136 kg) 53 g entwickeln kann (außer beim Einschlag ;-) - das wären ja immerhin 70,7 kN.
Man könnte sich aber mal mit der Gruppe in Verbindung setzen. Wie gesagt, ich habe noch keine Links gefunden, vielleicht mailt man dem Autor des Artikels einfach mal und erkundigt sich.
Oliver
Wolfgang Schäfer

(verstorben)

Wolfgang Schäfer

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Beitrag 2743 [Alter Beitrag28. Dezember 2000 um 19:06]

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Hallo Leute,
ich wäre in Lauch fast von diesem Schnellkochtopf erschlagen worden. Sie kam etwa 5m neben mir runter.
Bisher habe ich drei Start`s einer Heißwasserrakete diese Leute gesehen, und keiner hat funktioniert. Das große Problem liegt im Fallschirmauswurf. Entweder es wird kein Fallschirm ausgeworfen, oder wie in Mourmelon (Frankreich) kam zwar der Schirm raus, aber er hing als Fahne an der Rakete.
Jetzt kommt der Knaller: Das Öffnen der Fallschirmkammer wurde von einer orig. Mauser Mausefalle vorgenommen. Ich dachte ich traue meinen Augen nicht. Aber ich muß zugeben, die Kammer wurde geöffnet.
Aber eins kann ich mit Sicherheit sagen: Niemals wurden mit diesen Raketen über 50g erreicht. Wir haben selbst einmal eine Experimental-Rakete mit einem Blutexperiment auf 32g gebracht, und das war zu den HW-Raketen ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Gruß
Wolfgang
Sebastian Zettl

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Beitrag 2744 [Alter Beitrag08. Februar 2001 um 20:39]

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Wolfgang hat recht. Mit diesen Massenverhältnissen lassen sich 50 g leider nicht erreichen.

Geändert von Sebastian Zettl am 30. Dezember 2006 um 12:39

Faust

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Beitrag 2745 [Alter Beitrag21. Februar 2001 um 21:05]

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Wenn wir schon über g diskutieren:
Wieviele g bekommt eigendlich eine Gewehr-Kugel
beim abschuss so drauf ?
(würde mich mal interessieren)
ciao
Faust

Whoa... I did a 'cat /boot/vmlinuz > /dev/audio' and I think I heard God!
Hendrik

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Beitrag 2746 [Alter Beitrag22. Februar 2001 um 09:24]

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Hallo Faust,
mit den Formeln für beschleunigte Bewegungen geht das recht einfach eben zu berechenen...
s=0,5at^2; s=Weg, a=Beschleunigung, t=Zeit der Beschleunigung
v=at;v=Geschwindigkeit a, t=...
Daraus folgt: a=v^2/2s
Mit v=1000 und einer Lauflänge von 0,5 kommt man auf:
a=1*10^6 , das sind etwa 102000 g!
Cooler Abgang!
iele Grüße,
Hendrik

SOL-2

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Wenn man es einem Chirurgen und einem Mörder gibt, gebraucht es jeder auf seine Weise.

Wernher von Braun (1912 - 1977), deutsch-US-amerikanischer Raketenforscher

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Neil

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Beitrag 2747 [Alter Beitrag22. Februar 2001 um 09:27]

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Hi Hendrik,
da hast du ja eine Hightechkillerwaffe als Beispielgenommen.
Ich glaube mich daran zu erinnern, das die G3 bei der Bundeswehr so um die 460m/s Austrittgeschwindigkeit hatte. Das macht also die Beschleunigung nicht ganz so schlimm.
Bis dann.

Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu.


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