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Neil
99.9% harmless nerd
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Beitrag 2951
[20. Dezember 2000 um 12:47]
Hi,
in einer folge von Löwenzahn wollte Peter Lustig in den Weltraum fliegen. Zwecks diesem hat er angefangen Silvesterraketen zu bündeln. Darf er das auch wenn er einen T2-Schein hat? Wie sieht das aus, wenn er dann sowas noch in der Öffentlichkeit breit macht. Ich denke Kinder sind davon sehr angetan das mal nachzumachen. Noch zum Schluß eine Frage an die Rechenkünstler: Kann man überhaupt mit gebündelten Silvesterraketen in den Weltraum gelangen? Bis dann. Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu. |
Peter
alias James "Pond"
Registriert seit: Sep 2000 Wohnort: D-84034 Landshut Verein: Solaris-RMB Beiträge: 2235 Status: Offline |
Beitrag 2952
[20. Dezember 2000 um 14:09]
Zitat: Also mit "echten" Silvesterraketen nicht, weil die alle 10 Sekunden irgendwelche Pyronutzlasten abfackeln. Das geht doch schwer auf die Performance. Aber das Bündelungsprinzip ist nicht ohne: es gab mal in den 60er oder 70er Jahren einen Deutschen, der in einem arabischen Land an solchen Raketen arbeitete. Vorteil: billig, und geht mit einfacher Technologie. Der Grundgedanke war, glaube ich, einen einzigen Feststoffraketentyp x-mal nebeneinander und übereinander zu bündeln. Daß es nie funktionierte lag wohl nicht nur an der Technik, ich tippe da mehr auf genervte Geheimdienste.. Weiß jemand näheres über diesen Typ und seine Raketen? |
Tom Engelhardt
Überflieger
Registriert seit: Sep 2000 Wohnort: Göttingen Verein: RAMOG/TRA L3/Präfekt TRA 123 Beiträge: 1548 Status: Offline |
Beitrag 2953
[20. Dezember 2000 um 19:14]
Hi,
ja, ich . Der Typ war Lutz Kaiser, Schüler von Eugen Sänger und gründete 1974 die Orbitale Transport- und Raketengesellschaft, kurz OTRAG. Die Maxime war: so einfach und billig wie möglich in den Weltraum. Die Rakete war in Modulbauweise zusammengesetzt, und zwar als Bündel von 4 bis 60 (!) Einzelmotoren. Als Treibstoffe waren Dieselöl und Salpetersäure, die meisten Komponenten aus anderen Bereichen des täglichen Lebens billig zu bekommen (Ventile aus Chemikalienkatalogen, deren Motoren Scheibenwischermotoren etc...). Die OTRAG-1 flog am 17.05.1977 in Zaire auf eine Höhe von 20 km. Das war allerdings der einzige mir bekannte Test. Ein weiterer scheiterte spektakulär, als die Rakete im Juni 1978 wenige Sekunden nach dem Start von der Bahn abwich, zum Cruise Missile wurde und irgendwo im Landesinneren einschlug.Das war natürlich zuviel, und die OTRAG sollte das Land dann auch mehr oder weniger schnell verlassen. Außerdem rankten sich Gerüchte (die von Kaiser nicht dementiert wurden!!), das die OTRAG billige Trägersysteme für 3.Welt-Länder entwickeln würde. Das Geld aus Bundesmitteln wurde gestrichen, OTRAG ging nach Lybien, flog raus, ging 1983 nach Kiruna/Schweden und gab schließlich völlig entnervt 1987 auf. Seitdem hat man nichts mehr von ihnen gehört. Auf der Website hier hat John Coker ein Modell der OTRAG-1 mit vier Aerotech M1315 nachgebaut John Coker's Rocketry Page. Schaut mal rein, sind ganz spektakuläre Bilder (Bau, erster Flug, zweiter Flug und Zerleger), aber der Rest der Page (und da ist viiiiiieeel Info drauf) lohnt sich ebenso! Viel Spaß, Tom aus Gö ------------------ Rettet den Wald, eßt mehr Biber ! |
Oli4
Überflieger Registriert seit: Sep 2000 Wohnort: Fulda Verein: AGM e.V., TRA #9082 L2 Beiträge: 1598 Status: Offline |
Beitrag 2954
[22. Januar 2001 um 13:29]
Zitat: Die Seite ist echt klasse! Und man bekommt sehr gute Tips zum Bauen, etc. Danke Tom! Gruß, Oli4 AGM e.V., TRA #9082 L2 http://www.t-rocketry.de - "Speak low, speak slow and don´t talk too much." - John Wayne |
Faust
System Administrator
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Beitrag 2955
[22. Januar 2001 um 18:08]
Zitat: also bitte ! wir wollen mal nicht übertreiben, im fernsehen finden jeden tag tausende von morde statt, und trotzdem machen das die kinder nicht nach... (also zuminderst "normale" kinder!) ... und wenn ein kind wirklich interessiert ist etwas "in die luft zu sprengen" organisiert man sich die sachen auch ohne peter lustig => schlag doch mal ein lexikon auf nach "schwarzpulver" ! trotzdem würde mich die folge an sich mal interessieren !! kann mir nicht vorstellen wie man silvesterraketen zu einer mondrakete zusammenbaut ! ;-)) ciao faust Whoa... I did a 'cat /boot/vmlinuz > /dev/audio' and I think I heard God! |
Oliver Arend
Administrator
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Beitrag 2956
[22. Januar 2001 um 20:24]
Also rein theoretisch könnte ich mir vorstellen, dass Silvesterraketen zum Mond fliegen können. Denkt Euch C15s und dann fragt mal wRASP wie viel Millionen man für die erste Stufe braucht usw... hab im Moment was besseres zu tun, aber wenn mir morgen in Informatik langweilig is werde ich es Euch sagen können.
Oliver |
Peter
alias James "Pond"
Registriert seit: Sep 2000 Wohnort: D-84034 Landshut Verein: Solaris-RMB Beiträge: 2235 Status: Offline |
Beitrag 2957
[23. Januar 2001 um 09:20]
Zitat: Wenn man dieses Konzept auf den Prüfstand elementarer Statistik stellt, dann kommt es nicht sehr gut weg. Angenommen, jede einzelne Modulrakete hätte eine Funktionswahrscheinlichkeit von 99%, dann würde ein Bündel aus 60 solcher Raketen nur noch eine Funktionswahrscheinlichkeit von 55% haben. Mit anderen Worten: jeder zweite Start scheitert. Das geht dann rapide abwärts, aus 97% Funktionswahrscheinlichkeit werden 16% für die Gesamtrakete, da versagen dann schon ca. fünf von sechs gestarteten Raketen. Und dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, daß die Bündelung zusätzliche Risiken birgt, man denke nur an die möglichst gleichzeitige Zündung. Böses Omen für einen Mondflug mit Held 1000 Clustern! |
Neil
99.9% harmless nerd
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Beitrag 2958
[23. Januar 2001 um 12:36]
Hi,
Wenn man dieses Konzept auf den Prüfstand elementarer Statistik stellt, dann kommt es nicht sehr gut weg. Angenommen, jede einzelne Modulrakete hätte eine Funktionswahrscheinlichkeit von 99%, dann würde ein Bündel aus 60 solcher Raketen nur noch eine Funktionswahrscheinlichkeit von 55% haben. Mit anderen Worten: jeder zweite Start scheitert. Die russische Raketentechnologie basiert aber gerade auf dem Gegenargument. "Ich habe 16 Triebwerke die mit nicht ganz 100% arbeiten. Fällt eines aus, gleichen das die anderen dann aus." Sagt deine Rechnung jetzt aus das der ganze Start im Eimer ist, oder das nur ein Motor nicht funktioniert. Wenn der allerdings explodiert sieht es anders aus. zur Saturn V Rakete habe ich mal gehört, das diese aus 3 Millionen Einzelteile bestand. Bei 99,9% sind das immer noch 3.000 Teile die versagen können. Trotzdem hat das Ding funktioniert. Hier kommt mir auch der Space Shuttle ins Gedächnis. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, das nur einer von 2 Boostern angeht? Was machen die den dann in so einem Fall? Bis dann. Die Erde ist eine Scheibe. Egal in welche Richtung sich die Menschheit bewegt, sie geht immer auf einen Abgrund zu. |
Hendrik
Senior Pyronaut
Registriert seit: Sep 2000 Wohnort: Köln Verein: SOLARIS-RMB e.V., DGLR e.V., Aero Club Rheidt e.V. Beiträge: 2941 Status: Offline |
Beitrag 2959
[24. Januar 2001 um 12:04]
Die Pobacken zusammenkneifen! :-)
Hendrik SOL-2 Die Wissenschaft hat keine moralische Dimension. Sie ist wie ein Messer. Wenn man es einem Chirurgen und einem Mörder gibt, gebraucht es jeder auf seine Weise. Wernher von Braun (1912 - 1977), deutsch-US-amerikanischer Raketenforscher http://solaris.raketenmodellbau.org Solaris-RMBder Verein fürs Forum. |
Peter
alias James "Pond"
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Beitrag 2960
[24. Januar 2001 um 16:15]
Zitat: Eben! Die Rechnung beruht natürlich darauf, daß ein Motorenversager sich auf die gesamte Rakete überträgt. Was in einem eng gepackten Block aus 60 Einzelraketen zu erwarten ist: Explodiert auch nur eine, dann werden die Nachbartriebwerke ebenfalls beschädigt bzw. explodieren bzw. werden weitere Raketen aus ihrer Verankerung gerissen usw. Und so eine enge Bündelei ist ja in etwa die Idee hinter den "Feuerwerksraketen zum Mond". Dasselbe Prinzip gilt natürlich auch für die drei Millionen Saturn Teile, sofern ihr Ausfall schweren Schaden verursachen kann. Ob Apollo 13 oder Challenger oder Ariane 5, es waren ja auch immer ziemliche Kleinigkeiten, die zur Katastrophe geführt haben. Wenn dagegen eine Rakete garnicht zündet, ist der fein raus, der nur ein Triebwerk verwendet. Oder meinetwegen sehr viele. Das Shuttle aber wird zum teuersten Feuerrad in der Pyrogeschichte. Da wünscht man sich, man hätte nicht am Preisausschreiben teilgenommen und den Gutschein "Haupttribüne erste Reihe für zwei Personen zum Shuttle Start" nicht gewonnen.. |