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Neil

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Neil

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Beitrag 58106 , Grundlagen: 1. Dehnungsmessstreifen und mV/V [Alter Beitrag04. Oktober 2004 um 14:34]

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Hi,

Tom wollte ein bißchen Grundlagen zu dem Thema haben. Mach ich doch glatt.

Hier also mal erklärt wie übliche Kraftmessdosen funktionieren.
Das Prinzip der Karftmessdosen beruht darauf, das sich ein Werkstück unter Zug- oder Druckbelastung verformt. Nimmt man einen Stab aus Stahl und zieht daran, wird er ein klein wenig länger und dafür auch dünner. Dies kommt daher das er sein Volumen beibehalten muss.
Diese Längenänderung kann man messen. Vor einigen Jahrzehnten hat man den Dehnungsmessstreifen (DMS) entwickelt. Ein DMS ist im Prinzip ein ohmscher Widerstand. Der DMS wird auf den Stab aufgeklebt, so das auch er seine Größe ändert. Man kann den ohmschen Widerstand auf die Länge und Querschnitt eines Widerstandes zurück führen. Wird der Widerstand länger steigt der ohmsche Widerstand. Wird er kürzer sinkt er. Gleiches gilt für den Querschnitt oder der Breite. Wird die Querschnittsfläche größer sinkt der Widerstand.
Um diesen Effekt zu vergrößern wird ein sehr dünner Draht genommen und dieser im Zickzack auf eine Trägerfolie aufgebracht. Das sieht dann so aus wie links im Bild. Diese Folie wird dann auf dem Stab geklebt.
Man wendet jetzt noch einen Trick an um die Widerstandsänderung noch besser messen zu können. Man klebt insgesamt 4 solcher DMS auf den Stab auf. Das nennt sich dann Vollbrücke. Jeweils zwei sind längs zum Kraftvektor aufgebracht, so das diese bei Zug gedehnt werden. Die beiden anderen sind um 90° gedreht aufgebracht, so das sie gestaucht werden.
Rechts auf dem Bild sehen wir das Schaltdiagramm der Sensoren. Es passiert jetzt folgendes.
Wenn der Stab unbelastet ist und jeder Widerstand gleich groß ist, fällt auch an jedem Widerstand die gleiche Spannung ab. Das bedeutet das im linken Zweig die gleiche Spannung nach einem Widerstand anliegt wie am rechten Zweig.
Es ist jetzt egal wie groß die Speisespannung ist, die Differentialspannung ist 0V.
Belasten wir jetzt den Stab, wird an Widerstand 1 und 3 die gleiche Spannung abfallen und an Widerstand 2 und 4. Die Spannung 1 3 ist aber unterschiedlich zu 2 4 weil sich ja die Widerstände einmal dehnen und einmal stauchen.
Dies führt dazu, das die Differentialspannung nicht mehr 0V beträgt. Es wird so sein, das bei Zug die Spannung positiv ist und bei Druck negativ.
Das Verhältnis von der Speissspannung und Differentialspannung hängt nur von den Widerständen und der anliegenden Kraft ab. Daher kann man die Karftmeßdosen mit mv/V definieren. Es wird dann sowas zu finden sein wie

1000 N = 3mv/V

Das bedeutet, das bei einer Kraft von 1000 N und einer Speisespannung von 1V genau 3mV an Differentialspannung gemessen wird. Erhöhen wir die Kraft auf 2000N so ergeben sich 6mV. Wenn wir die Speisespannung erhöhen auf 5V, so ergeben sich bei 1000N dann 15mV.

Um ein genaueres Signal zu bekommen, kann man also eine hohe Spannung wählen. Es ist aber zu beachten, das die DMS ja Widerstände sind. Diese liegen z.B. bei 500N. Wird die Spannung zu hoch gewählt, wird der Strom der fließt dem entsprechend hoch. Das führt zu einer Erwärmungs des DMS und somit zu falschen Ergebnissen, weil die Temperatur auch noch eine Rolle beim ohmschen Widerstand spielt.
Möchte man einen Brückenverstärker bauen oder erwerben ist darauf zu achten wie groß die ohmschen Widerstände der DMS sind.

Gruß

Neil

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Rocketom

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Rocketom

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Beitrag 58112 [Alter Beitrag04. Oktober 2004 um 16:57]

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Ach ja, die gute alte Wheatstone'sche Brückenschaltung...stick out tongue
Das dumme ist ja, daß man in der analogen Meßtechnik so einen schweineteuren Meßverstärker benötigt.
Wie steuere ich aber meine Kraftmeßdose mit dem PC an?
Kann ich da den Meßverstärker weglassen und die Brücke direkt hinter einem ADC ausmessen?
Was nimmt man da? Gibt es preiswerte Wandlerkarten?
Oder kann ich einen Trick anwenden und über eine Audiokarte eine Sinusspannnung auf die Brücke geben, und über die Eingänge das entspr. Differenzsignal auswerten?
(Ich kann mich erinnern, dass der Schaltungsaufbau der klassischen Meßverstärker der analogen NF/Audio-Technik garnicht so unähnlich war...)

Fehlt am Ende dann halt "nur" noch eine Software...

Mit anderen Worten, theoretisch wüsst' ich wie's geht, allein praktisch hapert's an der Fähigkeit zur Umsetzung...fg

Zitat:
Original geschrieben von Neil
Um ein genaueres Signal zu bekommen, kann man also eine hohe Spannung wählen. Es ist aber zu beachten, das die DMS ja Widerstände sind. Diese liegen z.B. bei 500N. Wird die Spannung zu hoch gewählt, wird der Strom der fließt dem entsprechend hoch. Das führt zu einer Erwärmungs des DMS und somit zu falschen Ergebnissen, weil die Temperatur auch noch eine Rolle beim ohmschen Widerstand spielt.
Möchte man einen Brückenverstärker bauen oder erwerben ist darauf zu achten wie groß die ohmschen Widerstände der DMS sind.




Die gängigsten DMS haben 120 =Ohm, dürften sich bei 10 V also nicht so wahnsinning erwärmen - und dann gibt es noch die Möglichkeit eine Halbbrücke mit Temperaturkompensation zu bauen. (Zwei DMS auf einem Referenzblock mit gleichem Temperaturerleben)

"Am Schluß jeder Berechnung steht das Experiment" (Rolli)
Neil

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Neil

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Beitrag 58114 [Alter Beitrag04. Oktober 2004 um 17:29]

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Hi,

ich glaube du kommst um einen Brückenverstärker nicht drumherum. Nehmen wir mal die Idee mit der Soundkarte. Die finde ich gut, habe die selbst mal gehabt.
Du willst eine Frequenz mit der Soundkarte erzeugen und diese dann durch die Meßbrücke schicken um das gedämpfte Signal wieder mit der Soundkarte einzulesen. Das Verhältnis aus den beiden Signalen hängt dann von der Kraft ab die anliegt.
Die Schaltung hat den Vorteil, das ich eigentlich schon alles habe. Die ganzen unbekannten in der Messkette eliminiere ich beim kalibiriern.
Nehmen wir jetzt mal die Messbrücke die ich habe. Da kommen maximal 2mV/V raus. Diese kommen bei einer Speisespannung von 5V raus wenn 5kN anliegen. Die Fragen sich sich jetzt hier ergeben, kann die Soundkarte am Ausgang 5V liefern? Reichen 2mV aus um den Eingang komplett auszusteuern?
Für eine hohe Genauigkeit sollte die maximale gemessene Karft in der Lage sein, die maximal zu messende Spannung zu erzeugen. Wenn also ein 16 Bit AD-Wandler maximal 10V messen kann, so habe ich wenn ich tatsächlich 10V erreiche den kleinsten Fehler. Erreiche ich nur 5V, so verschenke ich die Hälfte der Auflösung und habe somit einen doppelt so großen Fehler.
Wenn also der Eingang der Soundkarte mehr als 2mV/V verträgt, sollte man einen Verstärker benutzen. Da wird zwar das Rauschen mit verstärkt, aber die Ungenauigkeit des AD-Wandlers wird dadurch etwas verringert.
So ein Verstärker ist tatsächlich mit dem der Audiogeräte vergleichbar. Es gibt spezielle IC's die für Brückenschaltungen ausgelegt sind. Die liefern die Speisespannung und haben dann zwei Eingänge für die Differentialspannung. Es muss da nur etwas mit Widerständen drumherum gebastelt werden und schon wäre ein einfache Verstärker fertig.
Eine Frage stellt sich noch bei der Soundkarte. Wenn diese auch statische Spannungen ausgeben und messen kann, braucht man den Umweg über die Frequenz nicht machen.
Die Soundkarte kann man aber auch einfach mit einem seriellen AD-Wandler umgehen. Der wandelt eine Spannung in ein für die RS232 sinnvolles SIgnal. Es muss dann nur ein kleines Programm geschrieben werden um aus binär kodierten Werten Text zu machen und schon kann die Auswertung mit Excel vorgenommen werde.

Gruß

Neil

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Beitrag 58117 [Alter Beitrag04. Oktober 2004 um 18:00]

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Jap, ist doch nun jedem alles klar, oder?!

SOL-2

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Beitrag 58128 [Alter Beitrag04. Oktober 2004 um 19:30]

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Na klar.

Danke für die Nachfrage.

Oder war sie ironisch gemeint?

Viele Grüße, Gert.
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Beitrag 58190 [Alter Beitrag05. Oktober 2004 um 09:39]

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Hallo Gert,

ich glaube ich habe noch NIE einen ironischeren Beitrag geschrieben, als denjenigen, der zwei Postings über diesem steht...

Von dieser DMS/Verstärker/AD-Wandler/Bitsbitsundnochmalbits-Thematik verstehe ich nichts! Ich bin sehr froh über die Vielfalt an Fachleuten in diesem Forum!

Viele Grüße,

Hendrik

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Beitrag 58191 [Alter Beitrag05. Oktober 2004 um 09:42]

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Hi,

liegt das daran, das es zu schwer geschrieben wurde? Es soll ja dazu dienen das es jeder verstehen soll, auch du Hendrikwink .

Gruß

Neil

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Stefan Wimmer

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Beitrag 58279 [Alter Beitrag05. Oktober 2004 um 20:42]

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...übrigens, das mit dem Längs- und Querkleben von DMS kenne ich so nicht (die werden ja auch nicht gestaucht, nur weil sie "verkehrt" geklebt wurden, es werden dann eben nur die Verbindungsstege statt der Messdrähte gedehnt oder gestaucht und der Messeffekt verringert sich entsprechend dramatisch).

Normalerweise werden die 4 DMS paarweise oben und unten aufgeklebt und dann als Brücke verdrahtet, etwa so:

Folgende Datei wurde angehängt:


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Beitrag 58284 [Alter Beitrag05. Oktober 2004 um 20:54]

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...für den gehobenen Elektronikbastler gibt es übrigens sehr schöne Differenzverstärker für den Selbstbau von Brückenverstärkern. Z.B. die INAxxx-Serie von Texas Instruments (und der neue PGA309), einige von Linear Technology und natürlich von Analog Devices.

Wenn man keine besonders große Bandbreite braucht, kann man sich mal die Daten des AD8551/2/4A ansehen (Kommentar eines Ings, dem ich den mal wg. low Drift und Offset empfohlen hatte: WAHNSINN!). Ich habe damit mal einen Verstärker/Stromspiegel für den Bereich 50nA bis 1mA gebaut - ging echt super (damit konnte man dann glatt den Leckstrom eines 4,7pF KerKos NP0 ausmessen (für den, dem das was sagt smile)!

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Beitrag 58288 [Alter Beitrag05. Oktober 2004 um 21:14]

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Hi,

ich habe es eben so gelernt. Habe aber damals schon gedacht, das die Querverformung des Stabes eigentlich zu klein sein müßte.
Wichtig ist hier, das alle Brücken relativ nah auf dem gleichen Werkstück geklebt werden. Dies sorgt dafür, das evtl. Spannungsspitzen im Werkstück alle DMs gleichzeitg betreffen, und das alle DMS die gleiche Temperatur haben. Man könnte ja auch auf die Idee kommen und die beiden quer geklebten DMS nicht auf dem Werkstück kleben weil kein Platz ist. Diese haben dann aber evtl. eine andere Temperatur.
Die INAxxx Reihe wollte ich in dem Elektronik Grundlagen Fred ansprechen um die Themen ein bißchen auseinander zu halten.
@ Stefan: Willst du das nicht übernehmen?wink

Gruß

Neil

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