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osmadie

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osmadie

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Beitrag 118352 , Windrichtung [Alter Beitrag20. April 2007 um 23:11]

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Hallo!

Gestern habe ich zwei Heißluftballons beobachtet. Der eine flog (die Ballonfahrer sagen zwar, dass sie "fahren"...) kerzengerade von Westen nach Osten (in ca. 2km Höhe) und gleichzeitig kreuzte ein zweiter von Norden nach Süden fliegend (in ca. 150m Höhe).

Nun. Ich stelle mir jetzt folgendes vor: Ich beobachte die Windräder in unserer Nähe und richte meinen Startplatz und den Startwinkel einer hoch fliegenden Rakete entsprechend ein.

Und was dann mit der Flugbahn und der Drift am Fallschirm passiert ist wohl alles andere als vorhersagbar. Bei so deutlichen Schichtstömungen nicht mal tendenziell. Es sei denn, es gibt noch ein paar Wolken, die in den höheren Luftschichten eine Richtung andeuten.

Nun ja. Zieht Eure Lehren daraus...

Gruß,
Oliver

Der erste Schluck aus dem Becher der Wissenschaft führt zum Atheismus, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott.
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Peter

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Peter

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Beitrag 118354 [Alter Beitrag20. April 2007 um 23:19]

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Hallo Oliver,

ja, diesen Effekt gibt es. Die Windrichtung in Bodennähe ist erstaunlich oft anders als in größerer Höhe. Darunter leidet z.B. mein Flugahnberechnungsprogramm. Zwar kann ich ihm unterschiedliche Windrichtungen eingeben, so daß es überschlägig berechnen könnte, wo der Fallschirm am Ende landet.

Nur- woher soll ich Richtung und Geschwindigkeit "weiter oben" kennen?

Die Lösung könnte in dem "Pirranha-Prinzip" liegen, wonach man erst einen alten Ochsen durch den Fluß treibt. Bedeutet: Vor einem wirklich kritischen Flug schickt man kleine Peilraketen hoch, die am Fallschirm schweben und in der Edelversion sogar irgendwelche Daten funken.
osmadie

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Beitrag 118355 [Alter Beitrag20. April 2007 um 23:27]

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Hi Peter!
Genau das hat Siggi bei seinem Arguna 2-Start auch gemacht. Aber die Pilot-Raketen haben sich trotzdem ganz anders verhalten, als hinterher der "junge Ochse"...

Gruß,
Oliver

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Beitrag 118369 [Alter Beitrag21. April 2007 um 00:53]

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Wieviel zeitlichen Abstand habt ihr denn gelassen zwischen den alten und jungen Ochsen? Und flog die große Rakete möglicherweise höher als die Peilraketen?

Was ich eigentlich sagen will: Man sollte diesen Effekt erforschen.

Schon wieder ein Projekt für den Experimentalwettbewerb...
Andreas Mueller

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Beitrag 118372 [Alter Beitrag21. April 2007 um 01:12]

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Zitat:
Original geschrieben von Peter

Was ich eigentlich sagen will: Man sollte diesen Effekt erforschen.



In der Tat ist dieses Thema recht gut erforscht: es geht hier um die Struktur der atmosphärischen Grenzschicht. Man unterscheidet üblicherweise die folgenden drei Schichten:
1. die laminare Unterschicht, die nur einige Millimeter dick ist.
2. die Prantl-Schicht, 50-100m mächtig, in ihr nimmt die Geschwindigkeit typischerweise auf 70-80% der Geschwindigkeit in der freien Atmosphäre zu, im wesentlichen ohne Richtungsänderung
3. die Ekman-Schicht, bis 1000m mächtig, in der der Wind auf die volle Geschwindigkeit der freien Atmosphäre beschleunigt und ausserdem auf der Nordhalbkugel typischerweise um ca 45 grad nach rechts dreht (sogenannte Ekman-Spirale, Übergang von geotriptischem to geostrophischem Wind).

Allerdings: meist ist die Reynoldszahl so gross, dass die Grenzschicht als turbulent angesehen werden muss. Wegen der grossen Mächtigkeit bedeutet das, dass die Winde in diesen Schichten nur im Mittel vorhergesagt werden können, niemals exakt. Die Turbulenz-Features sind meist viel grösser als unsere Raketen, diese werden daher leicht zum Spielball dieser Strömungsänderungen. Dagegen hilft nur grosse Masse und hohe Geschwindigkeit.

Für viele praktische Anwendungen, zum Beispiel auch für die Flugbahnrechnung sind die Winde oberhalb der Prantl-Schicht allerdings stabil genug, dass man vernünftige Modellrechnungen machen kann (zum Beispiel Massen > 10kg und Geschwindigkeiten > 1M). Aber man hat gar keine andere Wahl, als das Profil zu messen, da das Geschwindigkeitsprofil zum Beispiel von der Art der Schichtung der Atmosphäre (stabil, labil, indifferent) abhängt. Die Messung erfolgt üblicherweise und am billigsten mit Ballonsonden, es ist jedoch auch möglich mit Fallsonden zu messen, die zum Beispiel von Flugzeugen/Drohnen aus abgeworfen oder mit Raketen verschossen werden können.
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