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Oliver Arend

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Oliver Arend

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Beitrag 126730 [Alter Beitrag10. August 2007 um 16:21]

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Wird die Drehgeschwindigkeit oder der Drehwinkel gemessen? Letzteres würde mich wundern. Im ersten Fall muss man ja integrieren und kennt so Geschwindigkeit und Lage, damit müsste man schon sehr gut einen stabilen Regler basteln können. Im zweiten Fall ist es, IIRC, unmöglich einen stabilen Regler zu entwerfen wenn man nicht noch eine weitere Zustandsgröße kennt. Man müsste die Lage also differenzieren, um die Drehgeschwindigkeit zu erhalten und im Regler verwenden zu können.

Geregelt werden muss ja nur eine Größe, aber Zustandsgrößen die berücksichtigt werden müssen sind mindestens zwei.

Oliver
Andreas Jörg

Raketenbauer

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Beitrag 126731 [Alter Beitrag10. August 2007 um 16:41]

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Wenn die Produktbeschreibung der Kreisel stimmt (sie sind immer noch auf dem Weg von Hong Kong zu mir), kann man ihn umstellen zwischen normal-Modus und Heading Hold. Ersterer liefert die Drehgeschwindigkeit und letzterer den Winkel der Abweichung (=Drehwinkel?).

Es ist so wie es ist, denn wenn es nicht so wäre, könnten wir nicht Fragen, warum es so ist, wie es ist.
Andreas Jörg

Raketenbauer

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Beitrag 126996 [Alter Beitrag16. August 2007 um 15:11]

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Vor zwei Tagen sind die Kreisel bei mir eingetroffen. Heute kam ich dazu, sie mit einem Servotester zu testen. Der Gebrauchsanweisung entnahm ich, dass der Kreisel bereits einen PI Regler enthällt. Dies ist denke ich nicht so gut, da ich dann verfälschte Signale erhalten werde. Ein weiteres Problem stellt ein Eingang des Kreisels dar, mit welchem man die Sensibilität regeln kann, da man mit diesem auch zwischen Heading Hold und normaler Funktion umschalten kann. In der Anleitung steht, dass bei Empfängern dies meistens CH5 wäre. Es ist ein einadriger Eingang. Weiß jemand, wie man ein solches Signal dem Kreisel vortäuschen kann?

Es ist so wie es ist, denn wenn es nicht so wäre, könnten wir nicht Fragen, warum es so ist, wie es ist.
Juerg

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Juerg

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Beitrag 127004 [Alter Beitrag16. August 2007 um 16:09]

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Das Thema hier poppt immer mal wieder auf.
Ich habe im Jahre 1991 in einer Diplomarbeit eine Stabilisierung gebaut.
Kurze knackige Aussage: Vergessen ohne fundiertes Regeltechnik-Wissen! Ich habe ein Ingenieurstudium mit Vertiefung in Regeltechnik als Basis gebraucht und musste ziemlich alle Register bemühen um ein brauchbares Resultat zu erreichen.

Hier haben wir einen Teil der Fragen schon diskutiert:
http://www.eurocketry.org/forum/german/viewtopic.php?t=227

Zuerst mal braucht Du eher einen PD-Regler als einen PI-Regler (D steht für Differentiell).
Das Problem bei (Modellbau) Raketen ist vor allem, dass das Regelsystem
- aufgrund der geringen Massenträgheit extrem schnell sein muss (Darum PD, diese sind sehr schnell, schneller als PID)
- nur in einem schmalen Bereich wirklich stabilisiert. Sobald man einen Parameter nicht ganz richtig hat, erreicht man das genaue Gegenteil, Destabilisierung. Mit Probieren kommt man hier gar nie zum Ziel, es wird aber sehr schnell gefährlich.

Ich kann Dir nur empfehlen, mal von Stabilisierung vorerst die Finger zu lassen und eher einmal so etwas wie "Bahnkorrektur" zu versuchen. Zum Beispiel Windabdrift oder schiefe Fluglage durch KLEINE Steuerimpulse zu korrigieren. Das ist schon sehr anspruchsvoll aber wenigstens machbar.
Auch dafür braucht es richtig dimensionierte PID Regler, aber das System ist träger und verzeiht daher auch eher kleine Fehler. Zumal Du durch Beschränkung auf kleine Ruderausschläge dafür sorgen kannst, dass die Rakete nicht instabil wird.

Gruss

Jürg



Geändert von Juerg am 16. August 2007 um 16:10

Reinhard

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Reinhard

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Beitrag 127007 [Alter Beitrag16. August 2007 um 16:19]

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Hi Andreas,

die folgenden Zeilen habe ich eigentlich schon am WE beim Zugfahren geschrieben aber dann vergessen sie hier zu posten. Den Anfang hast du inzwischen ja schon selber rausgefunden:

Wenn die Gyros die du bestellt hast einen Heading Lock Modus haben, dann sind das nicht nur Sensoren sondern schon komplette Regler für den Modellflug. Ich habe bei diesen Dingern gewisse Zweifel, weil sie für Hubschrauber und Flugzeuge entwickelt wurden die eine ganz andere Dynamik als Raketen haben. Das kann bei entsprechender Abstimmung gut gehen, aber es kann sich auch herausstellen dass sie unbrauchbar sind. Außerdem braucht man bei der Verwendung von 3 Steuergyros auch 6 gesteuerte Flossen oder einen Mischer der die Rollsteuerung der Nick- und/oder Giersteuerung überlagert, was die naheliegende Lösung wäre.

Bei der Auslegung des Regelkreises muss man sich zuerst einmal darüber im Klaren sein was man denn will. Man kann versuchen sämtliche Rotationen auf 0 zu drücken, was dem Standardmodus der diversen Modellbaugyros entspricht. Man kann aber auch versuchen die Rakete in einer bestimmten Lage zu halten oder sie in diese zu bringen, was dem Heading Lock Modus entspricht. Die erste Lösung ist die einfachere. Hier liefern einem die Sensoren schon genau das gewünschte Signal (ich spreche hier von reinen Sensoren die die Drehrate liefern und nicht von integrierten Modellbaugyros) und man kann die 3 Achsen des Systems getrennt regeln.
Im zweiten Fall muss man ein paar Sachen beachten. Zuerst einmal kann man nicht mehr direkt das Signal der Sensoren verwenden, sondern muss daraus die Lage der Rakete berechnen. Dazu kann man z.B. die Lage der Rakete in Eulerkoordinaten ausdrücken und dann die entsprechenden Transformationen durchführen. Mit der Lageinformation lässt sich dann der Regler füttern. Es ist hier nicht sinnvoll die 3 Achsen der Rakete getrennt zu regeln weil sich dann prinzipbedingt Fehler einstellen werden. Mathematisch gesagt kommutieren Rotationen um verschiedene Achsen nicht, das bedeutet, dass es nicht egal ist in welcher Reihenfolge sie durchgeführt werden. Beim Autofahren macht es auch einen Unterschied ob man zuerst eine Vollbremsung hinlegt und ein paar Sekunden später am Lenkrad dreht oder ob man das Gleiche in der umgekehrten Reihenfolge macht. Wenn man also 3 voneinander unabhängige Regler einsetzt, die keine Ahnung haben in welchem Zustand die anderen beiden Achsen sich befinden ist es sehr wahrscheinlich dass die Rakete nach einer Störung nicht mehr in die ursprüngliche Lage zurückfindet, selbst wenn die 3 Achsen für sich betrachtet jeweils in bester Ordnung sind.

Mit einem reinem PI oder PID Regler wird man aller Voraussicht nach nur mittelprächtige Ergebnisse erzielen. Das Problem ist dass im System ein paar nichtlineare Komponenten vorhanden sind. Genauer gesagt besteht kein linearer Zusammenhang zwischen dem Drehwinkel der Servos und somit des Anstellwinkels der Steuerflossen und dem Drehmoment dass die selbigen erzeugen. Das ganze hängt zusätzlich noch sehr stark von der Geschwindigkeit der Rakete ab, hier besteht ein quadratischer Zusammenhang. Zu guter letzt, aber dass dürfte wohl meist vernachlässigbar sein, ist auch die Luftdichte ein variabler Faktor der sich auf die Steuerung auswirkt. Um gute Ergebnisse zu erhalten muss man also die Steursignale des PID Reglers noch durch eine vorher bestimmte "Übertragungsfunktion" dividieren um bei unterschiedlichen Bedingungen die gleiche Reaktion der Rakete zu erzeugen.

Das sind jetzt nur mal die Probleme die mir so in den Sinn gekommen sind. Dazu kommen vermutlich noch eine Menge an weiteren "allgemeinen" Problemen (Stichwort: stabiler Regelkreis).

Ein instabile Rakete aktiv zu stabilisieren ist also alles andere als trivial. Um Erfahrungen mit Regelkreisen zu sammeln ist es ev. ratsam sich von einfachen Problemen zu Komplexen steigern:
A) Rollachse stabilisieren
B) Eine aerodynamisch stabile Rakete (d.h. stabil wenn Steuerflossen in Neutrallage) aktiv auf einem senkrechtem Kurs halten
C) A) und B) kombiniert.
D) Das Gleiche mit einer instabilen Rakete

Gruß
Reinhard

Geändert von Reinhard am 16. August 2007 um 21:46

Andreas Jörg

Raketenbauer

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Beitrag 128417 [Alter Beitrag07. September 2007 um 12:15]

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Erst einmal Danke für eure z.T. sehr ausführlichen und anschaulichen Antworten! Mir ist jetzt klar geworden, dass es sich um eine doch sehr anspruchsvolle Aufgabe handelt. Ich habe mir überlegt, daraus meine Facharbeit zu machen, mit der ich aber erst in einem halben Jahr beginnen muss. Somit habe ich noch Zeit, Experimente bzgl. der Realisierbarkeit zu machen. Ein Vorteil dieser Arbeit wäre, dass man viele Zeilen über die Grundlagen (Aerodynamik, Regeltechnik, etc.) verfassen und noch eine ohnehin Notwendige Simulation beschreiben kann. Des Weiteren wäre die Arbeit je nach überschüssiger Zeit (zugegeben - erfahrungsgemäß eine eher hypothetische Situation) steigerungsfähig, wobei ich nach Reinhards Liste vorgehen könnte.
Im Augenblick bin ich gerade dabei, mir die theoretischen Grundlagen für die Simulation zu erarbeiten. Trotz längerer Recherchen bin ich aber bis jetzt an einem Punkt gescheitert: Wie verhällt sich der Ca und Cw Wert einer Spitze und eines Zylinders bei zunehmendem Anstellwinkel?
Prinzipiell will ich wie folgt vorgehen:

Start
Zerlegung des Schubs in Vektoren(gemäß dem errechneten bzw. eingegebenem Winkel) und Ermittelung der Flugrichtung und Geschwindigkeit;
Reagieren auf den Winkel durch nachregeln (unter berücksichtigung der Fluggeschwindigkeit);
Berechnung der Drehrichtung der Rakete unter Berücksichtigung der aerodynamischen Kräfte (Ca des Leitwerks, der Steuerflossen, der Spitze und des Körperrohrs) und der trägheitskräfte;
Zurück zum Start;


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