[Als PDF betrachten] Fragen rund um Modellraketen

Wie funktioniert eine Modellrakete ?

In der einfachsten Form besteht eine Modellrakete aus einem Körperrohr (meist Pappe), auf das eine Spitze aufgesteckt wird, außen mit 3 bis 5 Flossen als Leitwerk versehen. Damit die Rakete immer wieder geflogen werden kann befindet sich zusammengefalteter Fallschirm im inneren des Körperrohres. Für den Flug wird nun ein Raketenmotor, in Form einem großen Silvesterraketenantrieb ähnlich, in das untere Ende des Körperrohres eingeführt, verklemmt, damit er nicht mehr heraus fallen kann, und mit einer Zündschnur, oder der Sicherheit wegen, mit einem Elektrozünder für eine Fernauslösung versehen. Danach wird das Modell auf einen Leitstab geschoben, der während der Startphase die Rakete auf Kurs hält. Der Motor wird durch entzünden der Zündschnur oder auslösen des Elektrozünders aktiviert und treibt nun wie seine großen Brüder, z.B. die Triebwerke des SpaceShuttles, durch die Ausstoßung sehr heißen Gases das Modell an und lässt es gen Himmel fliegen. Ist der Motor ausgebrannt und liefert keine Leistung, geht das Modell in die Freiflugphase über, wird dabei, bedingt durch die Schwerkraft, wieder langsamer und kippt schließlich am Gipfelpunkt nach unten. Wurde die im Raketenmotor eingebaute Verzögerungsladung richtig gewählt, so wird der Motor als seine letzte Tätigkeit genau im Moment des Kippens (denn dann hat das Modell fast keine Geschwindigkeit) eine Treibladung zünden, die ihre heißen Gase in das Innere der Rakete entlässt (der Motor besitzt hierzu eine poröse Tonkappe auf seiner Kopfseite) und so dafür sorgt, dass Spitze und Fallschirm ausgeworfen werden. Am Fallschirm hängend kommen nun
Körperrohr und Spitze sanft zum Erdboden zurück. Nach austauschen der nun leeren Motorhülle gegen einen frischen Motor kann das Modell sofort wieder gestartet werden.

In größeren Modellen kommen meist Faserverbundwerkstoffe wie Glas- oder Kohlefaser für Körperrohr, Flossen und Spitze zum Einsatz, die Raketenmotoren besitzen ein metallisches Gehäuse, sind wiederverwendbar und der Fallschirmauswurf erfolgt über elektronische Sensoren. Derartige Modelle durchstoßen mitunter die Schallmauer und sind dabei Kräften jenseits von 10 g (1 g entspricht der Kraft, die auf jeden von uns wirkt, wenn wir auf der Erde stehen, ein Mensch, der normalerweise 60 kg wiegt hätte in einer solchen Rakete plötzlich ein Gewicht von 600 kg) ausgesetzt.

Wie hoch fliegt so eine Rakete ?
Je nach Anzahl, Leistung und Brenndauer der Motoren, sowie dem Gewicht des Modells, können Höhen zwischen 200 und 5000 m erzielt werden, wobei die für jedermann zugänglichen T1-Modelle (T1 ist ein Leistungsbereich für den keine behördliche Erlaubnis benötigt wird; die Volljährigkeit ist ausreichend) Höhen bis 300 m erreichen. Besitzt man eine T2-Zulassung so können Beispielsweise auch Modelle mit 200 kg Gewicht und einer Motorenbündelung mit einer Gesamtleistung > 20000 Ns (20000 Ns entspricht der Kraft, die man benötigen würde um etwa eine Mercedes S-Klasse für 1 Sekunde in die Luft zu heben) auf Höhen von 5000 m geflogen werden.

Was benötigt man um in dieses Hobby einzusteigen ?
Diverse Modellbaufirmen, die sich mit dem Thema Raketenmodellbau beschäftigen, bieten StarterKits an, die bereits ein kleines Modell, eine Startrampe und ein Zündgerät für Elektrozünder enthalten. Passende Motoren können ebenfalls von diesen Firmen bezogen werden. Nach Zusammenbau des Modells sucht man sich ein freies 300x300 m großes Feld (!! vorher den Grundstücksbesitzer um Erlaubnis fragen !!) und schon kann es los gehen. Den StarterKits ist im Normalfall eine Anleitung beigelegt, die alle Schritte zum erfolgreichen Start erläutert.

Wie funktioniert ein Raketenmotor ?
Durch verbrennen des Treibstoffs entsteht ein sehr heißes Gas, was durch die Düse beschleunigt wird. Durch wegschleudern dieses Gases erfährt die Rakete eine Bewegung in die Gegenrichtung. Man kann sich dies verdeutlichen, indem man sich auf ein Skateboard stellt und einen Stein nach links wirft. In dem Moment, in dem der Stein beschleunigt wird erfährt man selbst eine Beschleunigung in die Gegenrichtung, also nach rechts.

Was kann man darüber hinaus in diesem Hobby erwarten ?
Das hängt von den Interessen des Einzelnen ab:
- Motoren mit der Kraft mühelos einen Menschen zu heben
- Motoren, die mit Lachgas betankt werden
- wiederverwendbare Motoren mit Treibstoffen, wie sie auch in der industriellen Raumfahrt zum Einsatz kommen
- komplexe Elektroniken, etwa zur Bestimmung des idealen Fallschirmauswurfs durch Messung des Luftdrucks oder der Erdmagnetfeldlinien oder auch zur Bestimmung der Lage im 3 dimensionalen Raum mittels GPS
- sportliche Wettbewerbe wie z.B. der Höhenwettbewerb S1F oder auch der Experimentalwettbewerb bei dem wissenschaftliche Experimente den Flug begleiten
- mehrstufige Raketen für größere Höhen
- Videokameras die den Flug begleiten

Was eine Motor-Klassifizierung ?
Die meisten Raketenmotoren im Modellbau sind nach einem einheitlichen Schema klassifiziert. Es ist eine Bezeichnung aus Zahlen und Buchstaben, die Aufschluss über die Leistung des Motors gibt.
Nehmen wir z.B. den Motor C6-3, dann ergeben sich daraus folgende Daten:
Zuerst das C, es steht für die Gesamtleistung des Motors in Newtonsekunden (der Wert ergibt sich aus Durchschnittsschub * Brenndauer) und beginnt beim Buchstaben A mit 1,25 Ns und verdoppelt sich dann mit jedem weiteren Buchstaben, d.h. B sind 2,5 Ns und C sind 5 Ns
Dann die 6, sie steht für den Durchschnittsschub des Motors in Newton.
Schließlich noch die 3, sie steht für die Verzögerungsladung des Motors soweit vorhanden in Sekunden, d.h. wenn der Motor seine Arbeit eingestellt hat wartet er noch die angegebenen 3 Sekunden bis er seine Ausstoßladung zündet und damit den Fallschirm auswirft. Da die Rakete bei Brennschluss noch sehr schnell ist, meist mehrere 100 km/h, gibt die Verzögerungszeit noch die Möglichkeit diese Geschwindigkeit abzubauen, und dabei eine größere Gipfelhöhe zu erreichen.

Wie viel Kilo Schub hat der Motor ?
Im europäischen Raum spricht man meist von Newton, wenn man eine Aussage über die Leistung eines Motors machen möchte. Die Amerikaner hingegen verwenden das Pfund (1 Pfund = 500 Gramm). Um nun von der einen Einheit in die andere zu gelangen hilft die Daumenregel, dass 1 Newton einer Tafel Schokolade (100 Gramm) entspricht, wodurch also 50 Newton, 10 Pfund oder auch 5 Kilogramm entsprechen

Druck- und Schwerpunkt, was ist das ?
Dies sind zwei Werte, die zum sicheren Flug der Rakete beitragen. Nur wenn diese beiden Werte richtig berechnet und bei der Konstruktion des Modells beachtet wurden kann das Modell stabil fliegen.

Schwerpunkt: Dies ist der Punkt um den sich im wahrsten Sinne des Wortes alles dreht. Würde man zusammen mit dem Modell aus einem Flugzeug springen und mit dem Finger dem Modell einen Stoß verpassen, so würde es beginnen sich um den Schwerpunkt zu drehen. Den Schwerpunkt kann man am einfachsten ermitteln, wenn man das Modell auf ein Lineal legt und es so lange vor bzw. zurück schiebt bis es auf keiner Seite des Lineals runter zu fallen droht.

Druckpunkt: Dieser Punkt ist schon schwerer zu berechnen und gibt an, an welcher Stelle sich alle Windkräfte vereinen. Um dies zu verdeutlichen, hier ein kleines Beispiel: Nehmen wir an unsere Rakete währe eine metallische Fahne, wie sie auf einigen Häusern zu finden ist, dann währe unser Schwerpunkt, der Stab um den die Fahne sich drehen kann und unser Druckpunkt würde sich in diesem Fall genau in der Mitte des Fahnenrechtecks befinden. Nun nehmen wir weiter an, unsere Fahne steht quer zum Wind, es wirkt also eine Kraft auf den Druckpunkt, der die Fahne nach hinten, also aus dem Wind, um den Schwerpunkt herum bewegt. Egal wie, die Fahne wird sich also immer in die Richtung drehen, in die der Wind geht. Wenn wir dieses Beispiel nun auf unser Raketenmodell übertragen so ist der Fahnenmast der Schwerpunkt um den sich das Modell dreht, das Fahnenrechteck entspricht der 2D-Darstellung der Rakete (Schattenriss) und der Wind, der ist nichts anderes als der Fahrtwind, während des Fluges. Somit dreht sich die Rakete immer in Richtung Fahrtwind während des Fluges.

Als kleine Daumenregel kann man sagen, dass der Schwerpunkt in Richtung Spitze zeigen muss und einen Rohrdurchmesser vom Druckpunkt entfernt sein sollte.

Was gehört zu einem sicheren Flug ?

Hierbei sind einige Kriterien wichtig:
- Druck- und Schwerpunkt sind richtig berechnet, und liegen einen Rohrdurchmesser weit auseinander
- Das Masse/Schub-Verhältnis ist mindestens 1:5, denn würde man einen C6-Motor, der ja 600 Gramm heben kann in ein 600 Gramm schweres Modell packen, so würde sich das Modell nicht bewegen, denn der Motor kann gerade mal die Kraft aufbringen, das Modell in der Schwebe zu halten, sprich die Schwerkraft zu überwinden. Würde man den gleichen Motor in ein 300 Gramm schweres Modell packen, so würde das Modell nach oben „Fallen“. Man hätte ein Masse/Schub-Verhältnis von 1:2. Um nun also in Erfahrung zu bringen, wie schwer das Modell maximal sein darf, bzw. um festzustellen, welchen Motor man für einen sicheren Start verwenden muss, sind einfach die 600 Gramm Schub durch 5 zu teilen, es ergibt sich das maximale Startgewicht von 120 Gramm
- Der Fallschirm ist richtig gepackt, damit er sich nach dem zünden der Ausstoßladung leicht und schnell entfalten kann. Verwendet man z.B. Plastikfolie für den Fallschirm, und bringt das Modell bereits präpariert zum Startplatz mit (d.h. der Fallschirm ist bereits gefaltet und im Modell verstaut) so kann es passieren, dass er nach einiger Zeit beginnt diese Packform beizubehalten und sich nur noch schwer öffnet. Am geeignetsten ist natürlich Fallschirmseide, aber auch normale Seide, wie sie für die Seidenmalerei zum Einsatz kommt ist vollkommen geeignet. Einfach mal in einem gut sortierten Bastelgeschäft nachschauen.